Frühjahrskonzert 2011 - Stadtkapelle Bruchsal

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Frühjahrskonzert 2011

Zeitungsartikel
25 Jahre Wolfgang Wittke bei der Stadtkapelle:

„Musikalische Silberhochzeit“ im Sinfonischen Blasorchester

Wir Bruchsaler dürfen berechtigterweise besonders  stolz sein auf unsere Stadtkapelle, doch in qualitativer Hinsicht greift dieser Kappellen-Begriff eigentlich zu kurz: Sinfonisches Blasorchester wäre angemessener.
Wenn es - nach einem prominenten Chorleitungspro-fessor - keine schlechten Chöre, sondern nur schwache Chorleiter gibt, dann gilt im Umkehrschluss ja auch: Es gibt keine per se gute Orchester, sondern nur, wie im vorliegenden Falle, gute Dirigenten: Wolfgang Wittke ist die unangefochtene künstlerische Autorität, daselbst ausgewiesener Klarinettist mit akademischen Meriten und erfahrener Musikpädagoge. Gelassenheit und Bescheidenheit gepaart mit Humor und einem profunden musikologischen Wissen sind seine Erfolgsrezepte. Das Ergebnis: Ein geistreiches Musikprogramm, ein sauber intoniertes Orchester und stilsichere Fortschreitungen in der musikalischen Europareise im Uhrzeigersinn.
In der ersten Halbzeit das klassische Genre, in der zweiten Musical, Jazz und Swing des verschmitzten Altjazzers Wittke, und „alt“ steht hier für unersetzliche Erfahrung im Metier, für Emotionalität und Improvisati-onstalent. Dvorak, Brahms, Rossini und Johann Strauß junior folgt im farbenprächtigen Klangzauber des hervorragend besetzten Orchesters, das in-zwischen an die 60 Aktiven zählt mit erstaunlich vielen „Edelhölzern“ wie Oboe, drei Fagotte, Bassklarinette, Flöten und Piccolo.
Die gesamte Holzbläserfraktion mit immerhin 18 Klari-netten und Saxophonen besticht durch lupenreine Intonation und Klangkultur, mal samtig, mal italienisch aufgeregt und voller Temperament, aber immer kontrolliert aufmerksam. Trennscharfe Stilistik überzeugt, bei Rossini die typischen Tonrepetitionen auf dem immer zuverlässigen Fundament der hervorragenden Perkussionisten, tolle Soli - exemplarisch Stefan Bieringer an der Trompete - und selbstbewusst „bellende“ Posaunen. Wittke nimmt dort die Tempi raus, wo ihm Präzision wichtiger ist als flüchtige Effekte und klangliche Kontraste liefert Wolfgang Köbler auf der Gitarre unplugged zur Einleitung des spanischen Beitrags mit Überlei-tungsqualitäten zum Swingteil.
Der Musicaltitel „Glöckner von Notre Dame“ zeigt musi-kalische Anleihen an Carl Orffs Carmina und das Or-chester mutiert gekonnt zum Breitbandsound in Big-Band-Manier. Melanie Wittke gestaltet die gesanglichen Beiträge mit erstaunlicher Bühnenerfahrung in ihrer professionellen Perfor-mance.


Sie bewältigt die nach den sängerfeindlichen B-Ton-arten transponierten Bearbeitungen für Blasorchester meisterhaft und schenkt ihrem stolzen Vater ge-meinsame musikalische Erlebnisse von besonderem Rang.
Die Rückprojektionen zaubern zusätzlich zum ungetrübten Musik- und Gesangsgenuss unterstützen-de visuelle Assoziationen zu den Tulpen aus Amsterdam zum stoisch dreinblickenden Elch beim schwedischen Beitrag oder zur Alhambra in Spanien.
Im Beatles Medley erlebte „Lady Madonna A Hard Days Night Yesterday in Penny Lane“ und der Gastchor Chorissimo aus der Heidelberger Region bereichert das Konzerterlebnis mit gekonnten Vokalbeiträgen zum ABBA-Querschnitt; besonders gelungen auch der a- cappella Beitrag „Thank you for the Music“ unter der Leitung von Christian Kurtzahn. Ohrwürmer wie Water-loo folgen, das Orchester erzeugt einen erstaunlichen Schalldruck und der erst 8o-jährige an der „Schießbu-de“ durchbricht die Schallmauer. Bessere, erfahrenere, präzisiere in den Ritardandi wie Accelerandi und auf-merksamere Schlagzeuger wie Armin Brunner gibt es einfach nicht!
Drei Zugaben mussten sein, die erste als verswingte Version des Traditionsmarsches „Alte Kameraden“ - überzeugte Marschfreunde waren weniger „amused“ - die Amsterdamer Tulpen mit Melanie und als Raus-schmeißer mit besonderer Nachwirkzeit und zum Leid-wesen aller drogenfeindlichen Internisten die leber-schä-digende Bruchsaler Nationalhymne „Brusler Dorscht“, zu der alle Konzertbesucher begeistert ein-stimmten. Wolfgang Wittke ist ein Erfolgsgarant für das Sinfonische Blasorchester der Bruchsaler Stadtkappelle und alle wünschen, dass er es lange bleibt.
Johann J. Beichel  

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